Antibiotika - Gefahren und Resistenzen


Der Gebrauch von Antibiotika ist inzwischen so gewaltig, dass die Gefahr von Resistenzbildungen keine Gefahr
mehr sind, sondern gefährliche Realität. Ein Artikel des „Spiegel“ vom 2.6.2015 („Studie zu Todesursachen:
Resistente Keime bald gefährlicher als Krebs“) bringt dazu interessante Zahlen und Fakten.
Interessant ist hier, dass man sich dieses Themas inzwischen auch in der Politik angenommen hat. Denn die
Kanzlerin selbst hat sich dieses Problem auf die Tagesordnung gesetzt und will es in den G7-Gipfel einbringen.
Andere Politiker sind besorgt und warnen vor einem Rückfall in das Zeitalter vor der Entdeckung von
Antibiotika.
Aber auch Mediziner sind besorgt, wie zum Beispiel das Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Charité in
Berlin. Denn das Institut ermittelte, dass derzeit jährlich weltweit rund 700.000 Menschen an therapieresistenten
Infektionen sterben. Weiter ermittelten die Berliner in einer Hochrechnung, dass im Jahr 2050 rund 10 Millionen
Menschen jährlich aufgrund resistenter Infektionen sterben werden, wenn keine Gegenmaßnahmen getroffen werden.
Die entsprechenden Zahlen für Europa lauten demzufolge, dass die Zahl der Toten heute von 23.000 auf 400.000
klettern würde. Wenn es dann so weit ist, dann hätte die Mortalität durch Infektionen die Krebsmortalität deutlich
überholt.
Weiter im „Spiegel“-Text heißt es, dass in Deutschland jährlich zwischen 400.000 und 600.000 Patienten durch
eine medizinische Behandlung eine Infektion erleiden. Und davon sterben 15.000. Es gibt noch andere Schätzungen,
die ein etwas schöneres Bild ergeben, mit „nur“ 2000 bis 6000 Toten. Eine andere Schätzung, die der Deutschen
Gesellschaft für Krankenhaushygiene, spricht von 30.000 Toten.
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BlaBlaBla - Alle wissen Bescheid aber keiner tut was
Es liest sich ein wenig wie das „heitere Beruferaten“. Oder mit anderen Worten: Jeder glaubt zu wissen, warum es
therapieresistente Keime gibt. Aber keiner scheint zu wissen, welche praktischen und konkreten Konsequenzen sie
haben.
Denn das Bekenntnis, dass viel zu viel Antibiotika verordnet werden als Ursache für die Resistenzbildung, ist
ein absolutes Armutszeugnis für die Schulmedizin, die anscheinend trotz besseren Wissens Antibiotika „verpulvert“,
dass sich die Balken biegen.
Und laut „Spiegel“-Artikel sind nicht die Mediziner die Verursacher der Antibiotika-Flut. Nein, der Patient ist
es, der den Antibiotikakonsum ankurbelt, weil der auch beim Schnupfen ein Antibiotikum verschrieben haben will (sonst wechselt er den Arzt). Dieses
Szenario entspricht in gewisser Weise der Realität. Aber das ist nicht das eigentliche Problem.
Das wirkliche Problem: Massentierhaltung!
Das wirkliche und schwerwiegendere Problem kommt in diesem Artikel nur in einem Nebensatz zur Sprache: Die
Massentierhaltung und der weitaus höhere Einsatz von Antibiotika in diesem Sektor (es ist aber noch nicht bekannt,
dass die Zuchttiere nach Antibiotika verlangen oder sie wechseln den Züchter).
Statt dessen kommt der Vorstandschef von Bayer zu Wort, der erklärt, dass „die Pharmaindustrie zu wenig
Anreize habe, neue Antibiotika für die Patienten zu entwickeln“. Oder mit anderen Worten: 10 Millionen Tote
weltweit stellen für diese Firma keinen Anreiz dar! Der Anreiz liegt für diese und andere Firmen ja auch
ausschließlich auf einer anderen Ebene. Und so kommt dann das, was der Vorstandschef als Anreiz sieht, auch schnell
auf den Tisch: „Ich rechne mit einem multinationalen Fond für die Antibiotika-Forschung.“
Übersetzt: Der Staat soll die Antibiotika-Forschung der Pharmaindustrie finanziell unterstützen.
Womit?
Mit Steuergeldern.
Kennt man ja so ähnlich von der "Bankenrettung" 2008 / 2009: Erst die Gelder verzocken, Millionen Boni
einstreichen und den Schaden von den Bürgern (Staat)zahlen lassen.
Die Pharmafirmen wollen das natürlich auch: Diese kreieren dann neue Antibiotika, die dann für teures Geld
an die Patienten verkauft werden.
Damit kassiert die Pharmaindustrie zweimal. Und zweimal Kassieren ist der Anreiz, auf den diese Industrie
reagiert.
Wie zum Beispiel Bayer auf finanzielle Anreize reagiert und welche Methoden die Firma dabei auf Lager hat, das
können Sie hier nochmals nachlesen: Tödlicher Ausverkauf: Wie AIDS nach Asien exportiert wurde und Der Lipobay-Skandal.
Und weil man mit der Panikmache so nett vom eigentlichen Problem ablenken kann, springt der Bundesinnenminister
mit auf den Zug und mahnt „jeden Einzelnen“ zu helfen, Resistenzbildungen vorzubeugen, indem er auf ein
Antibiotika-Rezept bei Schnupfen (und abstehenden Ohren) verzichtet.
In den USA ergibt sich ein sehr ähnliches Bild. Der Beitrag von Dr. Mercola Antibiotic Use Can Have Adverse Short- and Long-Term Health Ramifications geht aber gleich
zu Beginn auf den wahren „Sünder“ dieser Entwicklung ein: Die Massentierzucht.
Erst einmal erfahren wir hier die gleichen Zahlen bezüglich der projizierten Toten im Jahre 2050 wie sie auch
der „Spiegel“ benannt hat. Dieser Trend ist deshalb abzusehen, da eine Reihe von Antibiotika bei etlichen
Infektionen schon heute nicht mehr wirksam sind. Als Beispiel nennt Dr. Mercola einen Beitrag aus WebMD:
Antibiotic-Resistant Typhoid Spreading Abroad. Empfohlen wird statt dessen eine Impfung,
falls man in bedrohte Gebiete reisen wollte. Aber es gibt Grund zu der Annahme, dass Impfungen anstelle von
unwirksamen Antibiotika nichts anderes ist, als den Teufel mit seiner eigenen Großmutter austreiben zu
wollen.
Gonorrhöe (Tripper) ist eine weitere Infektion, die sich langsam und sicher seit den späten 1970er Jahren zu
einem immer resistenteren Problem entwickelt hat. Denn Penicillin und Tetracycline sind schon seit den 1980er
Jahren kaum noch wirksam. Da bleiben als nächste Alternative nur noch Fluorchinolone mit Nebenwirkungen – Ein ärztliches Rezept für Desaster übrig. Und die zeigen
auch schon ihre ersten Ausfallerscheinungen. Heute scheint als einzig noch wirksame Medikation der Einsatz von
Cephalosporinen zu helfen. Aber wie lange noch?
Der Einsatz von Antibiotika bei Kindern scheint zudem noch mit einem weiteren Problem verbunden zu sein. In
Science Daily erfahren wir: Infant antibiotic use linked to adult diseases, also: Der Einsatz von Antibiotika bei
Kindern steht im Zusammenhang mit Erkrankungen im Erwachsenenalter. Dieser Zusammenhang kommt gleich im
Dreier-Pack.
Denn die Gabe von Antibiotika bewirkt eine Dezimierung der Darmflora, was die Immunlage des Betroffenen
verschlechtert und damit die Anfälligkeit für Infektionen signifikant erhöht und in späteren Lebensjahren zu
Allergien, Autoimmunerkrankungen und sogar Übergewicht führen kann. Hier kommen also neben den Resistenzbildungen noch zusätzliche
Erkrankungen auf die Patienten von morgen zu, die allesamt auf den freizügigen Einsatz von Antibiotika
zurückzuführen sind.
In einem anderen Beitrag (Do Antibiotics in Animal Feed Pose a Serious Risk to Human Health?) von Dr. Mercola vom Juli
2013 wird das viel heftigere Problem angesprochen. Während ich mich beim Arzt als Patient für oder gegen den
Einsatz von Antibiotika entscheiden kann, ist der Antibiotika-Verzehr über die Massentierhaltung nicht so
einfach umgehbar. Immer wenn ich ein Steak oder Hähnchenkeule aus der Massentierzucht auf dem Teller habe, esse
ich unsichtbare Antibiotika mit, ob ich es will oder nicht. Es handelt sich zwar um subtherapeutische Dosen.
Aber bei einem durchschnittlichen Fleischverzehr von etlichen Kilos im Jahr kommt auch in Sachen Antibiotika
eine nicht zu vernachlässigende Menge zusammen. Und das sind Substanzen, die der Organismus absolut nicht benötigt.
In den USA, und ich schätze, dass es in unseren Landen ähnlich aussieht (Eier-Tanz um Antibiotika-Hühner und Billige Nahrungsmittel teuer bezahlt), werden jährlich 15 Millionen Kilogramm Antibiotika an
die Masttiere verfüttert. Das sind rund 80 Prozent des gesamten Antibiotikabedarfs der USA im Jahr. Für den
medizinischen Einsatz beim Menschen werden 3 Millionen Kilogramm jährlich benötigt.
Die 80 Prozent Antibiotika in der Massentierzucht werden jedoch nicht benötigt, weil die Tiere alle krank wären
oder krank zu werden drohten, alldieweil sie auf engstem Raum zusammengepfercht sind. Vielmehr sind Antibiotika in
subtherapeutischen Dosen in der Lage, das Wachstum der Zuchttiere künstlich zu beschleunigen, so dass der Züchter
einen schnelleren Turn-over erzielt und damit mehr Umsatz.
Und gerade subtherapeutische Dosierungen über lange Zeiträume gegeben sind der ideale Boden, auf dem Bakterien
sich an die veränderten Gegebenheiten durch Mutation und Selektion anpassen können. Aber die Repräsentanten der
Fleischindustrie sehen hier natürlich keine Probleme und leugnen teilweise sogar Zusammenhänge, die heute schon als
erwiesen gelten. Die Tabakindustrie glaubt ja heute auch noch, dass ihre Produkte Lungenkrebs heilen und nicht
verursachen.
In Dänemark dagegen hatte man schon vor rund 14 Jahren den Antibiotika-Verbrauch drastisch bei der Schweinezucht
eingegrenzt. Der Erfolg stellte sich dann auch bald ein. Denn schon nach geraumer Zeit konnten man einen deutlichen
Rückgang an antibiotikaresistenten Keimen in Tieren und Fleischprodukten verzeichnen. Während die Fleischindustrie
in den USA keine Alternative zu den Antibiotika und das Geschäft ohne die Medikamente schon am Boden liegen sieht,
zeigte sich in Dänemark, dass das genaue Gegenteil davon eingetreten war.
Denn in den ersten 12 Jahren des restriktiven Einsatzes wuchs die Schweinezuchtindustrie um 43 Prozent und wurde
zu einem führenden Exporteur von Schweinefleisch weltweit. Die amerikanische Industrie dagegen will auf Antibiotika
auf keinen Fall verzichten. Denn das würde die Produktionskosten um geschätzte 5 Dollar für circa 50 Kilogramm
Schweinefleisch erhöhen.
Dieser Beitrag wurde am 20.4.2019 erstellt.
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